WISSENSWERTES

Zur Burg Frankenstein und ihrer Herrschaft

 

Man geht heute davon aus, dass die Burg vermutlich um 1240 erbaut wurde. Sie ist die nördlichste aller Burgen und Ruinen entlang der hessischen Bergstraße. Erstmals urkundlich erwähnt wird sie 1252 in einer Urkunde, betreffend Ritter Georg II. Reiz von Breuberg und seiner Ehefrau Elisabeth von Weiterstadt, die die Burg nach ihrer Heirat in Besitz nahmen. Spätestens seit 1272 nannten sie sich ‚von Frankenstein‘.

 

Die Frankensteiner waren Oberherren von Eberstadt, Nieder-Beerbach, Schmalbeerbach (heute zu Laudertal, Odenwald), Ober-Beerbach, Stettbach (beide zu Seeheim-Jugenheim), Allertshofen (heute zu Modautal), Bobstadt (heute zu Bürstadt) und Ockstadt bei Friedberg.

 

Seit spätestens 1292 waren die Frankensteiner Burgmannen der Grafen Wilhelm I. und Diether VI. von Katzenelnbogen. Diese hatten sich, ebenso wie die Grafen von Hanau, Öffnungsrechte an der Burg gesichert. D.h. sie hatten im Falle eines Krieges oder einer Fehde dort einen Stützpunkt und die Unterstützung derer von Frankenstein.

 

Da grundsätzlich alle Mitglieder der Familie in der Burg ihren Wohnsitz hatten, kam es öfter zu Auseinandersetzungen. Das Geschlecht teilte sich in zwei Linien, die Ältere und die Jüngere und teilte die Burg auf. Davon zeugt ein im Jahre 1363 geschlossener Burgfriede. Trotzdem kam es auch weiterhin zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Linien.

 

Im Jahre 1402 wurde die Burg zusammen mit Nieder-Beerbach zum Reichslehen, d.h. nur noch dem Kaiser untertan. Das restliche Territorium der Frankensteiner stand weiterhin unter dem Einfluss der Grafen von Katzenelnbogen und später, ab 1479 der Landgrafen von Hessen, in deren Händen auch die höhere Gerichtsbarkeit und Landesverteidigung lag. Mit den Landgrafen von Hessen gab es immer wieder Streitigkeiten, die nach der Einführung der Reformation (die Frankensteiner blieben katholisch) zunahmen und sich nochmals verschärften, als Darmstadt 1567 zur Residenz der Landgrafen von Hessen wurde.

 

Diese versuchten ständig, in die Rechte und Zuständigkeiten derer von Frankenstein einzugreifen.

 

Es scheint, man wollte sie entweder unter die eigene Herrschaft zwingen, oder vertreiben. Als schließlich die Hauptlinien, die auf der Burg ansässig waren, 1602 und 1606 ausstarben, setzte man den Landgrafen von Hessen nicht mehr viel Widerstand entgegen. Die Burg wurde 1662 an die Landgrafen von Hessen verkauft, obwohl ein Testament existierte, welches den Verkauf untersagte. Der Verkaufserlös ermöglichte es den Frankensteinern eine Herrschaft in Ullstadt (Franken) zu erwerben, wo ihre Nachfahren noch heute leben.

 

Mit der Burg wurden auch die dazugehörigen Herrschaftsrechte verkauft, an denen die Landgrafen Hessen-Darmstadt wohl das größere Interesse hatten, denn die Burg ließ man verfallen.

 

Zunächst hatte man noch eine Verwendung für die Burg, sie wurde als Militär-Invalidenanstalt genutzt. Dann, in den Eroberungskriegen des franz. Königs Ludwig XIV, war sie noch ein sicherer Zufluchtsort.

 

Vermutlich aufgrund der Sage einer ‚alten Burg‘, die durch Gänge mit der ‚neuen‘ jetzigen Burg Frankenstein verbunden sein soll und den Schätzen, die in diesen Gängen lagern sollen, wurden Teile der Burg zwischen 1763 und 1787 ohne Rücksicht auf Verluste auf- und abgerissen. Schätze wurden jedoch nie gefunden. Nachdem es bei diesen Aktionen zu Unfällen mit Todesfolge kam, wurde die Schatzsuche auf Burg Frankenstein verboten.

 

Auf den Grundmauern der, zu dem Zeitpunkt bereits verfallenen, Vorburg errichtete man dort 1765 ein Forsthaus mit Scheune, Stall und Nebengebäuden.

 

200 Jahre später wurde dann der Rest abgerissen und dort entstand 1965 das Burgrestaurant.

 

Die Kernburg stand zwar Mitte des 18. Jhdt. noch, doch aufgrund fehlender Reparaturen auch nur noch in schlechtem Zustand.

 

Für weitere Zerstörung sorgte die Frau des Burgverwalters. Sie verkaufte alles, was sich nur irgendwie zu Geld machen ließ. So wurde nicht nur das komplette Inventar verkauft, sondern die Burg wurde regelrecht ausgeschlachtet. Türen, Schlösser, Fenster, Dachziegel und hölzerne Treppen, alles wurde verhökert. Was übrigblieb wurde von den Bauern der umliegenden Dörfer abgetragen und als billiger Steinbruch genutzt.

 

Ab Mitte des 19. Jhdt. erwachte das Interesse an der Burg wieder, im Zuge der damaligen Burgenromantik, und man begann die Burg zu renovieren. Bei dieser Renovierung ging man allerdings ungenau vor und hielt sich nicht an das frühere Aussehen der Burg. Der Nordturm wurde um ein Stockwerk zu viel aufgebaut und der Südturm hatte vermutlich nie eine Haube. Die aufgesetzten Turmdächer gerieten zu steil. Außerdem wurden z.B. Keller eingeebnet und Treppenaufgänge verkehrt angelegt. Ihr heutiges Aussehen hat die Burg also erst seit ca. 100 Jahren. Dies entspricht jedoch nicht mehr dem, wie sie über 600 Jahre lang aussah.

 

Seit den 1970er Jahren findet alljährlich auf der Burg eins der größten Halloweenfeste Deutschlands statt.

 

 

Burg Frankenstein und Mary W. Shelleys gleichnamiger Roman

 

Die folgenden Erkenntnisse beziehen sich zum größten Teil auf die Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Eberstadt-Frankenstein e.V. ( http://www.eberstadt-frankenstein.de/index.html ), die aufgrund der genauen und detaillierten Quellenangaben gut nachvollzogen werden können.

 

Diese Idee, dass es hier einen Zusammenhang geben könnte, hatte ein gewisser David T. Russel, der 1968 einen Leserbrief an das Magazin Life schrieb. Dieser Brief war eine Reaktion auf einen Artikel über das Frankenstein Monster. Er erinnerte sich an eine Legende über die Burg und hielt es für möglich, dass sie Shelley beeinflusst haben könnte.

 

Diese Legende war jedoch die (allgemein) bekannte Legende vom Ritter Georg und dem Lindwurm und Russell verallgemeinerte den Lindwurm wohl zum Monster und stellte so die Verbindung her.

 

1973 wurde dieser Leserbrief von Donald F. Glut in seinem Buch The Frankenstein Legend erwähnt.

 

1975 erschien Radu Florescus Buch In Search of Frankenstein. Mit diesem Buch wollte er einen Zusammenhang zwischen der Burg und Mary Shelleys Geschichte nachweisen.

 

1996 erschien dann in Deutschland die erste Ausgabe von Frankenstein. Monster, Mythen, Märchen und Legenden. 1999 Burg Frankenstein. Mythen, Märchen und das Monster, und 2001 Burg Frankenstein. Mythos, Wahrheit, Legende, aus der Feder des Autors Walter Scheele. Wie auch Florescu hat sich Walter Scheele mit dem Zusammenhang Roman – Burg befasst und kommt zu ähnlichen bzw. gleichen Ergebnissen, wie dieser. Dies verwundert nicht, da es in den jeweiligen Ausgaben gegenseitige Danksagungen bzw. Erwähnungen gibt, die auf eine gemeinsame Arbeit schließen lassen.

 

 

Folgende Behauptungen werden aufgestellt:

 

  • Mary Shelley hat die Burg gesehen und auch besucht
  • Mary Shelley hat bereits früher von der Burg erfahren
  • Konrad Dippel war Vorbild für Victor Frankenstein
  • Dippel hat auf Burg Frankenstein mit Leichen experimentiert und einen Turm der Burg mit Nitroglyzerin gesprengt
  • Dippel ist ein uneheliches Kind eines Konrad von Frankenstein aus Oppenheim
  • Er nannte sich Johann Konrad Dippel ‚von Frankenstein‘
  • Arbogast von Frankenstein, der an einem Ritterturnier im Jahre 948 teilgenommen haben soll, sei der früheste Beleg der Herrschaft ‚von und zu Frankenstein‘.

 

Einer genaueren Betrachtung halten die Aussagen nicht stand:

 

Mary Shelley hat die Burg gesehen und auch besucht

 

Nachweisbar ist lediglich, dass sich Mary in Begleitung ihres späteren Ehemannes Percy und ihrer Stiefschwester Claire Clairmont, während einer Rheinfahrt von Mannheim nach Mainz zwischen dem 02. Und 04. September 1814, aus heutiger Sicht recht nahe bei der Burg aufhielt. Gernsheim – wo Mary und Percy vermutlich drei Stunden spazieren gingen – liegt gerade mal 23 km von der Burg entfernt. Luftlinie sind es sogar nur ca. 15 km. In Gernsheim wurde nachts angelegt, um 23:00 Uhr. Der Geschichtsverein Eberstadt-Frankenstein e.V. hat nachgewiesen, dass die Ruine schon bei Tage von Gernsheim aus kaum auszumachen ist. In der Nacht, selbst bei Mondschein und guter Sicht, ist es zumindest fraglich, dass die Ruine ins Auge fiel. Auch muss man bedenken, dass um 1814 die Türme nicht so hoch waren, wie heute. Diese sind aber, zusammen mit der Terrasse des Burgrestaurants, die Teile, die heute aus dem Wald hervortreten.

 

Der Besuch der Burg soll während des dreistündigen Spaziergangs erfolgt sein.

 

Selbst wenn man eine zügige Geschwindigkeit voraussetzt, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass man zu Fuß in drei Stunden 23 km hin und auch wieder zurück läuft, und dazwischen noch die Burg besichtigt. Und dies auch noch nachts und in unbekanntem Gelände.

 

Definitiv ist in dem Reisetagebuch, das Mary und Percy gemeinsam verfassten, keine Rede von einer Burg, geschweige denn Burg Frankenstein. Auch Marys Stiefschwester Claire gibt keinen Hinweis darauf in ihrem eigenen Tagebuch.

 

W. Scheele behauptet, die Reisetagebücher von Mary & Percy und Claire Clairmont sollen damals absichtlich verfälscht worden sein, um den Ursprung der Geschichte zu verschleiern. In diesem Falle müsste man davon ausgehen, dass sich die Einträge sehr ähnlich wären, denn sie wären dann wohl schlüssig aufeinander abgestimmt worden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Claire z.B. hat den Spaziergang von Mary und Percy unter einem anderen Datum vermerkt, als in deren Reisebericht steht. Zumal die Einträge vermutlich teilweise erst Wochen später gemacht wurden. W. Scheele spricht in seinem Buch von einem geheimen Tagebuch Marys, das sich in Privatbesitz befinden soll und zu dem nur ihm der Zugang gewährt wurde.

 

Ein geheimes Tagebuch, wo Tagebücher grundsätzlich schon nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind?

 

Herr Scheele zitiert aus diesem ‚geheimen‘ Tagebuch:

 

…“The Frankenstein castle: a monumental building, full of darkness; broken walls, mysterical-mighty in the sobering Novembermist – but wonderful shining under the bright moon. Allowing an amazing country-view over the Rhine-river to the blue mountains on the other side of the river and a church to be seen over the silvershining waters.”

 

Dieses Zitat enthält jedoch einige Ungereimtheiten:

 

Hier wird von Novembernebel (Novembermist) geschrieben, die Rheinfahrt machte Mary Shelley jedoch im September.

Es ist neblig und dunkel, trotzdem wird hier von einem Blick über den Fluss, bis zu Bergen auf der anderen Seite und einer Kirche geschrieben.

Satzstellung und Wortwahl sind für eine Person, deren Muttersprache Englisch ist, sehr ungewöhnlich. Laut einem Muttersprachler weist dieses Zitat eher deutsche Ursprünge auf. Außerdem passt es nicht zu Shelleys Ausdrucksweise.

Die angebliche Quelle des Zitats ist keiner Prüfung zugänglich und daher als wissenschaftlicher Beleg ungeeignet.

 

Sogar eine Übernachtung in Eberstadt soll stattgefunden haben, dokumentiert im Kirchenbuch. Ein solcher Eintrag ist jedoch nicht nachweisbar.

 

Mary Shelley hat bereits früher von der Burg erfahren

 

W. Scheele behauptet, dass Mary Shelleys Stiefmutter Mary Jane Clairmont mit den Brüdern Grimm in Kontakt stand und deren Märchensammlung ins Englische übersetzt hätte. In einem Brief von Jakob Grimm an Mary Jane Clairmont aus dem Jahre 1813 soll von einer Schauergeschichte die Rede gewesen sein, die auf keinen Fall als Märchen veröffentlicht werden solle. So hätte Mary Shelley von einer Gruselgeschichte über die Burg erfahren, die die Inspiration zu ihrem Roman war.Lt. W. Scheele hätte Donald F. Glut, der Autor von the Frankenstein Legend diesen Brief ebenfalls gesehen. Dieser hatte zwar die authentische Ritter-Georg-Sage in seinem Buch erwähnt; in dem 2002 erschienenen The Frankenstein Essays vermerkte er aber deutlich, dass es keinen Beweis für einen Besuch Mary Shelleys oder auch nur ihre Kenntnisnahme von der Burg gibt. Auf Nachfrage des Geschichtsvereins bestritt Donald F. Glut die Kenntnis eines Briefes von J. Grimm an Mary Jane Clairmont.

 

2001 behauptete W. Scheele in seinem Buch, der besagte Brief befinde sich in britischem Privatbesitz, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

 

2005 gab er jedoch in einer Fernsehdokumentationsreihe an, der Brief befinde sich in den Beständen der University of Oxford.

 

Auch hier fragte der Geschichtsverein nach, mit dem Ergebnis, dass ein solcher Brief nicht vorhanden sei.

 

Eine Anfrage des Geschichtsvereins beim Grimm-Internetforum (http://www.grimmnetz.de/), deren Beantwortung durch den Grimm-Kenner Berthold Friemel erfolgte, ergab, dass es keine Belege gibt, für einen Briefwechsel zwischen den Grimms und Clairmont, sowie dafür, dass Clairmont die Märchen ins Englische übersetzt hätte.

 

 

Konrad Dippel war Vorbild für Victor Frankenstein

 

Diese These stammt wohl ursprünglich von Florescu und er zitiert ein Schreiben Dippels an den Landgrafen von Hessen-Darmstadt aus dem Jahre 1732, in dem Dippel die Burg und Herrschaft Frankenstein fordert und zwar als Belohnung für die Aushändigung eines geheimnisvollen Elixiers. W. Scheele behauptet dann, Konrad Dippel sei der uneheliche Sohn eines Konrad von Frankenstein aus Oppenheim und nennt ihn Johann Konrad Dippel von Frankenstein. Desweiteren behauptet er:

 

  • Dippel hat auf Burg Frankenstein mit Leichen experimentiert und einen Turm der Burg mit Nitroglyzerin gesprengt
  • Dippel ist ein uneheliches Kind eines Konrad von Frankenstein aus Oppenheim
  • Er nannte sich Johann Konrad Dippel ‚von Frankenstein‘

 

Johann Konrad Dippel wurde 1673 auf Burg Frankenstein geboren. Seine Eltern hatten seinerzeit als Kriegsflüchtlinge auf der Burg Zuflucht gefunden. Er war Theologe, Alchimist, Anatom und Arzt. Gestorben ist er 1734 auf Schloss Wittgenstein bei Berleburg.

 

Das oben erwähnte Schreiben Dippels an den Landgrafen Hessen-Darmstadt beinhaltet einen Vertragsentwurf, in dem Dippel für die Zubereitung eines Elixiers Burg Frankenstein und Herrschaft zum Lehen fordert. Diese Forderung war aber ungeheuerlich und anmaßend, denn dazu hätte Dippel in den Adelsstand erhoben werden müssen. Man einigte sich dann auf die Auszahlung einer größeren Summe, aber das Geschäft kam nie zum Abschluss.

 

Das Dippel Sohn eines Frankenstein war, erscheint eher unglaubwürdig, da Burg und Herrschaft bereits 1662 verkauft worden war und die Frankensteiner eine Herrschaft in Ulstadt erworben hatten, wo nun auch ihr Wohnsitz war.

 

Dippel nannte sich selbst nie von Frankenstein. In den Matrikeln (öffentliche Verzeichnisse) des Pädagogs Darmstadt ist er als Johannes Conradus Dippelius Frankensteinensis eingetragen. Dieses Frankensteinensis ist jedoch eine Herkunftsbezeichnung. Der Eintrag bedeutet also 'Johann Konrad Dippel aus Frankenstein'.

 

Es gibt keine Belege dafür, dass Dippel ein Labor auf Burg Frankenstein unterhielt.

 

In einem vollständig erhaltenen Militäraktenstapel für die Zeit von 1690 – 1745 gibt es keinerlei Hinweise für ein Wirken Dippels auf Burg Frankenstein. In diesem Aktenstapel sind Schriftwechsel zu Pachtverhältnissen und Bauerhaltung auf der Burg enthalten, außerdem Schlichtungsgesuche von Bewohnern an den Landgrafen. Da diese bereits bei geringfügigen Anlässen erfolgten, wäre es z.B. bei der Sprengung eines Turms auf jeden Fall zu schriftlichen Beschwerden und Verwaltungsakten gekommen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Dippel dort arbeitete.

 

Die Sprengung des Turms mit Nitroglyzerin ist sogar unmöglich, da dieses erstmals 1847 von dem italienischen Arzt und Chemiker Ascanio Sobrero hergestellt/entdeckt wurde. Erst seit 1862 experimentierte Alfred Nobel mit dem Stoff um ihn als Sprengstoff in die Technik einzuführen. Nitroglyzerin wurde also erst über hundert Jahre nach Dippels Tod entwickelt.

 

Es ist möglich, dass Mary Shelley mit dem Gedankengut von Dippel bekannt war, aber es findet sich in ihrem Nachlass eben kein Hinweis darauf, dass sie ihn als Vorbild für Victor Frankenstein ins Auge fasste. Zumal auch andere Kandidaten in Frage kämen, wie z.B. Luigi Galvani, Benjamin Franklin oder Giovanni Aldini.

 

Die Experimente des Viktor Frankenstein sind im Buch auch so vage beschrieben, dass Rückschlüsse auf ein bestimmtes reales Vorbild nicht möglich sind.

 

 

Arbogast von Frankenstein, der an einem Ritterturnier im Jahre 948 teilgenommen haben soll, sei der früheste Beleg der Herrschaft ‚von und zu Frankenstein‘.

 

Dieser Arbogast von Frankenstein und das entsprechende Turnier stammen aus dem Rüxnerschen Turnierbuch aus dem Jahre 1530. In diesem Turnierbuch werden insgesamt 36 Turniere beschrieben, die zwischen 938 und 1487 stattgefunden haben sollen. Man geht heute davon aus, dass die ersten 14 Turniere frei erfunden sind.

 

Das Turnier, in dem jener Arbogast von Frankenstein auftaucht, ist das Dritte in diesem Buch.

 

Allgemein begann die Zeit der Turniere zwischen 1050 – 1150. Das erste Turnier auf deutschem Boden fand ca. 1127 statt, jedoch entsprach dieses noch nicht den formalen Kriterien eines Turniers. Die Angaben der früheren Turniere bei Rüxner dienten wohl dazu, die adelige Turnierberechtigung zu legitimieren und gegen bürgerliche Ansprüche abzusichern. Heute würde man sagen, die Auflistung der ersten Turniere diente Promotionzwecken.

 

Um die Existenz dieses Arbogast von Frankenstein zu untermauern zieht W. Scheele das Buch Geschichte der ehemaligen Burg und Herrschaft Frankenstein von Eduard Scriba hinzu, verkehrt dessen Aussagen aber ins Gegenteil.

 

Während Scriba in seinem Buch das Rüxnersche Turnierbuch als märchenhaft und Arbogast und zwei weitere angebliche Ritter von Frankenstein als fabelhaft, im Sinne von erfunden, bezeichnet, behauptet W. Scheele, Scriba hielte jenen Arbogast von Frankenstein für authentisch und den frühesten Beleg einer Herrschaft der Frankensteiner. Fakt ist, außer der Nennung im (sehr wahrscheinlich fiktiven) Turnier im Jahre 948 in Rüxners Turnierbuch, gibt es keine Belege für die Existenz dieses Arbogast von Frankenstein.

 

Ghosthunters International auf Burg Frankenstein

 

Im Jahr 2008 drehte GHI eine Folge auf Burg Frankenstein. Hier kann man sie ansehen.

 

Auf diese Folge möchte ich etwas näher eingehen.

 

Zu Beginn der Folge werden die Teammitglieder von Donna La Croix in die Hintergründe der Burg eingeweiht. Donna erzählt ihnen, dass Burg Frankenstein in Darmstadt liegt und die Inspiration zu dem Roman Frankenstein gewesen ist. Konrad Dippel ‚von Frankenstein‘ war Alchimist und grub Leichen für die Zubereitung seines Lebenselixiers aus. Er soll gesagt haben, dass er durch dieses Elixier 135 Jahre alt werden würde. Auf die Zwischenfrage, ob dies denn geklappt hätte, verneint sie und sagt, er habe es genommen und sei gestorben und zwar auf der Burg.

 

Diese Angaben sind nicht nachweisbar, z.T. sogar falsch. Burg Frankenstein liegt nicht in Darmstadt und Dippel ist dort auch nicht gestorben, siehe weiter oben im Bericht.

 

Sein Geist soll dort spuken, zusammen mit denen, deren Körper er ausgegraben hat.

 

Auf der Burg treffen Robb Demarest, Andy Andrews und Josh Gates als Gastmitglied, auf Walter Scheele. Von ihm erfahren sie Folgendes:

 

Arbogast von Frankenstein hat 948 hier gelebt. Das Geschlecht derer von Frankenstein ist 1602 ausgestorben. Die Burg wurde im 19.Jhdt. zur Ruine. Dann kommt er zu Johann Konrad Dippel ‚von Frankenstein‘. Er war Grabräuber und hat hier viel experimentiert. Er schnitt Leichen Arme und Beine ab und der Pfarrer nannte ihn des Teufels Blutsbruder.

 

Dieser Arbogast von Frankenstein hat, wie bereits dargelegt, wahrscheinlich nie existiert. Die Burg wurde im 19. Jhdt. nicht zur Ruine, sondern im Gegenteil, langsam wieder aufgebaut. Der Rest der Aussagen ist nicht nachweisbar, außer dass eine der Hauptlinien tatsächlich 1602 ausstarb.

 

Viele Leute erzählen, sein Geist würde auf dem Dach der Kapelle umher wandern.

 

Scheele führt die GHI nun durch die Burg an die Orte, an denen es spuken soll. Begonnen wird in der Kapelle. Scheele zeigt ihnen den Grabstein des letzten Ritters von Frankenstein und erklärt, dieser sei im Alter von 20 Jahren auf dem Weg zu seiner Geliebten mit seiner Kutsche zu schnell gefahren. Er sei herausgeschleudert worden und habe sich das Genick gebrochen. Besucher hätten erzählt, dass sie diesen Mann haben sprechen hören, wie schlimm es sei, so jung und ohne Geliebte zu sterben.

 

Ein Historiker wird eingeblendet, der ebenfalls aussagt, viele Leute würden eine Präsenz in der Kapelle spüren und es gehen dort mehrere Geister um. Einer davon sei dieser Frankenstein.

 

Dieser angebliche Historiker ist in Wahrheit Mitglied der deutschen Ghosthunting-Szene. Bis zum 06.06.2008 bekannter Ghosthunter aus dem Forum www.geisternet.com unter dem Usernamen Ektoplasma.

 

Die Tour geht beim Torturm weiter, wo lt. Herrn Scheele zwei Geister spuken, die nicht wollen das die Burg(ruhe) gestört wird. Jeder, der sie stört, wird von diesem Turm mit Steinen beworfen.

 

An dieser Stelle wird eine Augenzeugin gezeigt, die von Angstgefühlen aufgrund von Spuk berichtet.

 

Diese Dame ist eine Mitarbeiterin des Mühltaler Ordnungsamtes und sollte eigentlich über den Umgang deutscher Behörden mit Geister- und Gespenstergeschichten ein Statement abgeben.

 

Nächste Station ist der Turm der Kernburg. Im Untertitel wird er als 'Anne Marie Turm' bezeichnet. Scheele berichtet, dort sei Frankensteins (Dippels) geheimes Labor gewesen. Hier habe er mit Leichen experimentiert. Von diesem Raum behaupten die Eigentümer der Burg, dass hier der Geist von Anne Marie umgehen würde. Weinend, betend, hoffend und ihren Geliebten suchend und das Ganze nackt.

 

Während der Recherche zur Burg tauchte der Name 'Anne Marie Turm' nicht einmal auf. Im öffentlichen Plan der Burg wird er ganz banal als ‚Turm‘ bezeichnet.

 

 

Hier endet die Begehung und die PU beginnt. In mehrere Teams aufgeteilt untersuchen GHI die ihnen gezeigten Räume und den Torturm.

 

Am Interessantesten ist hierbei die Kapelle. Robb Demarest, Andy Andrews und Josh Gates testen, ob im Inneren der Kapelle Stimmen von außen zu hören sind. Angeregt dazu werden sie durch ein Luftloch, zwischen Dach und Wand der Kapelle. Es stellt sich jedoch heraus, dass selbst lautes Rufen von außen im Inneren nur sehr schwer hörbar ist.

 

Später, als Robb und Andy sich in der Kapelle befinden, sehen sie außen vor dem Fenster einen Schatten. Als sie sich an die Außenseite des Fensters begeben, stellen sie fest, dass das Fenster zu hoch liegt, als dass dort jemand entlanglaufen könnte.

 

Donna hat mehrmals den Eindruck von Schatten in der Kapelle, was sie letzen Endes sehr erschreckt. Barry Fitzgerald nimmt dort einen Lichtblitz wahr. Donna und Andy hören bei späterer Gelegenheit die Türklinke klappern und als sie hinauslaufen um nachzusehen, ist niemand in der Nähe.

 

Hierzu siehe mein persönlicher Bericht zur PU, auch wir hatten damals ein ‚Erlebnis‘ mit der Türklinke.

 

Der Torturm wird von Robb, Andy und Josh untersucht, wobei Andy das Risiko auf sich nimmt, auf den Turm zu klettern. Oben stellt er fest, dass jede Menge Steine und abgebrochene Mauerteile auf dem Boden liegen und sie kommen zu dem Schluss, dass diese Steine vermutlich von alleine herunterfallen, wahrscheinlich durch Windzüge und das Öffnen und Schließen der Tür, welches möglicherweise auch mal heftiger erfolgt.

 

Auch wenn sie dadurch die Ursache des Spuks aufklären konnten, war diese Aktion sehr riskant. Der Turm ist aufgrund Instabilität nicht zugänglich. Nachahmung einer solchen Aktion ist keinesfalls zu empfehlen.

 

Bei der Untersuchung des sogenannten 'Anne Marie Turms' kommt es während der PU zu keinen ungewöhnlichen Ereignissen.

 

Kurz vor Ende der PU stehen Brian Harnois und Josh Gates vor Frankensteins geheimen Labor und Brian versucht durch Provokation eine Reaktion hervorzurufen.

 

Merkwürdig ist, dass das geheime Labor plötzlich nicht mehr im Turmzimmer ist, da die beiden Herren offensichtlich im Freien stehen und an einer Tür herum rütteln.

 

Danach wird die PU beendet.

 

Bei der Auswertung des Materials entdecken GHI drei ESPs, zwei aus der Kapelle und eine aus dem Turm. Hier wird auch angesprochen, dass man versuchte, die Geschichte der Burg zu recherchieren. Man fand es jedoch schwierig, etwas über die Zeit Dippels herauszufinden und ist der Meinung, dass viele Infos eher auf Folklore beruhen.

 

Schließlich werden Herrn Scheele die Ergebnisse präsentiert.

 

Donnas Erlebnisse werden von ihm als bekannt für die Kapelle bestätigt. Das ratternde Geräusch des Türriegels hat er selbst schon wahrgenommen, meistens wäre es abends zu hören.

 

Die erste ESP identifiziert Herr Scheele als „Arbo ist hier“ und die Sprache sei altdeutsch. Es handele sich hier wohl um Arbogast von Frankenstein.

 

Die zweite ESP sei ebenfalls altdeutsch und bedeute: „Kommt her“.

 

Auch die Schwierigkeiten der Recherche über die Burg werden angesprochen. Donna und Josh stellten fest, dass viele Geschichten über die Burg nicht belegt werden können. Herr Scheele erwidert, dass es harte Arbeit sei, dies zu bewerkstelligen.

 

War dies eine sehr subtile Andeutung in Richtung Herrn Scheele, dass seine Ausführungen nicht belegbar sind?

 

Auf die Frage, ob er vorher an Spuk auf der Burg glaubte, antwortet Herr Scheele, er sei nicht sicher gewesen, doch GHI habe ihn überzeugt.

 

Alles in Allem werden in dieser Folge von Ghost Hunters International nicht nur verwirrende Angaben gemacht, sondern nachweislich falsche Aussagen und Fakten verbreitet. Hier zeigt sich deutlich, dass Ghosthunter-TV-Serien mit Vorsicht zu genießen sind und nicht alles für bare Münze genommen werden sollte.

Außerdem zeigt der Fall Burg Frankenstein auch, dass eine gründliche Recherche enorm wichtig ist.

 

© Angelika Köllner

 

Quellen:
Geschichtsverein Darmstadt-Eberstadt

Johann Konrad Dippel - Wikipedia

Georg Rüxner - Wikipedia

Rüxners Turnierbuch online

Besucherinformation der Burg Frankenstein

 

Hier geht’s zu Angelikas persönlichem Bericht

Kommentare: 1
  • #1

    Refluxösophagitis (Sonntag, 16 Juli 2017 22:38)

    Das nenn ich mal einwandfrei recherchiert!

GEGEN SPUKTOURISMUS!

 

Immer wieder erscheinen Zeitungsmeldungen über Personen, die beim unbefugten Betreten von Grundstücken oder Gebäuden von der Polizei aufgegriffen worden sind und angeben, durch PU-Videos und –Berichte (Paranormale Untersuchung) dazu animiert worden sind.

Außerdem machen Ghosthunter auch immer wieder die Feststellung, dass Orte, an denen auch gerne PUs durchgeführt werden, mehr und mehr vermüllt oder zerstört werden, sei es durch Vandalismus, Graffitis, etc.

 

Leute, das geht gar nicht!

 

Paranormale Untersuchungen sind keine Aufforderungen, die jeweiligen Plätze einfach so aufzusuchen und dort zu randalieren!
In den Berichten der Ghosthunter wird oft genug betont, dass sich das jeweilige Team um eine Genehmigung bemüht hat, diesen Ort zu untersuchen und sich mit Wissen und Erlaubnis des Eigentümers dort aufhält.

 

Es kann ja durchaus vorkommen, dass auch Ghosthunter unbefugt einen Ort betreten, weil der Eigentümer einfach nicht auszumachen war. Auch das ist nicht gutzuheißen.

Aber kein Ghosthunter-Team, das etwas auf sich hält, würde einen Ort mutwillig beschmieren, beschädigen oder zerstören. Es wird kein Müll zurückgelassen, nicht mal Zigarettenkippen.

Ghosthuntern geht es dabei um ihre PU und um die Phänomene, die sie dabei vielleicht erleben und dokumentieren können.

Sie behandeln den Ort mit Vorsicht und Respekt.

 

Wenn Ihr euch durch PU-Videos und –Berichte inspiriert fühlt und diese Plätze selbst mal besuchen wollt, dann nehmt einfach Kontakt zu dem jeweiligen Ghosthunter-Team auf. Fast jedes Team nimmt gerne auch mal Gäste mit auf PU. Sollte es aus irgendwelchen Gründen als PU-Gast nicht klappen, bekommt Ihr so sicher wenigstens Informationen, wo Ihr euch wegen einer Genehmigung hinwenden könnt.

 

Die Konsequenzen von Spuktourismus sind weitreichender, als Ihr denkt und treffen nicht nur die Randalierer, wenn sie von der Polizei erwischt werden. Je nachdem, wie alt sie sind, werden ihre Eltern benachrichtigt und müssen evtl. ein Bußgeld zahlen. Wenn nicht die Eltern, dann vielleicht sie selbst. Sicher wird’s von Zuhause auch ein schönes Donnerwetter geben.

Desweiteren wird der Eigentümer des Ortes sicher über das unbefugte Betreten informiert werden. DAS hat dann Konsequenzen für die Ghosthunter. Wenn das fragliche Team selbst ohne Genehmigung da war, droht ebenfalls eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch bzw. unbefugtem Betreten. Evtl. ebenfalls eine Bußgeldzahlung.

UND – der/die Eigentümer haben vielleicht so die Nase voll von dem Theater, dass sie auch keine Genehmigung mehr zum Betreten des Grundstücks/Gebäudes erteilen, wenn die Nächsten anfragen.

Die Folgen: Es gibt immer weniger Orte, an denen Ghosthunter ihre PUs durchführen können, es wird immer schwerer, Genehmigungen zu erhalten, d.h. weniger Berichte und Videos und weniger Chancen, evtl. doch eindeutige Belege für Spuk, etc. zu finden.

Das Alles zerstört uns die Möglichkeit, unser Hobby, unsere Leidenschaft auszuüben!

Solche PUs an öffentlichen Orten, bzw. ohne Klienten sind nicht nur für unser Vergnügen und den Thrill. Es geht auch darum, Erfahrung zu sammeln, Übung zu bekommen, Fehler zu lösen und das Team zu stärken und zusammenzuschweißen. Außerdem sind es auch oft die Orte selbst und deren Geschichte, die uns daran faszinieren.

 

All das wird durch Spuktouristen kaputt gemacht.

 

Spuktourismus ist ignorant, dumm und egoistisch!

 

WIR BETONEN HIERMIT GANZ DEUTLICH, DASS WIR UNS VON SPUKTOURISMUS DISTANZIEREN UND UNSERE PU-BERICHTE AUF KEINEN FALL ALS AUFFORDERUNG ZUM SPUKTOURISMUS ZU VERSTEHEN SIND!

 

Wenn Ihr Euch für einen Ort näher interessiert, meldet Euch einfach bei uns. Wir helfen gerne.

 

Euer Team Ghost Hunter

Wir twittern auch! Folgt uns unter @T_Ghost_Hunter und bleibt immer auf dem Laufenden!