Geister - Theorien

Überlegungen, was genau Geister sein könnten, gibt es schon so lange, wie es den Glauben an Geister gibt, ebenso wie Theorien, die eine natürliche Ursache für Geistererscheinungen annehmen. Betrug und Sinnestäuschungen standen dabei schon immer weit oben auf der Liste der Möglichkeiten.

 

 

Die Gruppe der Naturgeister/Elementale ist heutzutage nicht Gegenstand der Forschung, sondern eher im Bereich der Volkskunde und der Esoterik interessant.

Für das Erscheinen der Totengeister wird auch heute noch eine Erklärung gesucht, sei es, um die Existenz von Geistern zu belegen, oder Erscheinungen auf natürliche Ursachen zurückzuführen.

Es gibt unzählige Ansätze, die versuchen, Geistererscheinungen zu erklären. Um dem Ganzen Struktur zu verleihen, wurden diese Ansätze in sieben Theorie-Gruppen aufgeteilt, die in der heutigen Zeit diskutiert werden:

 

1. Betrug

2. Täuschung

• • Falsche Interpretation von äußerer Situation

• Geomagnetische Felder
•  Elektromagnetische Felder
• Infraschallwellen
•  Elektrische Gehirnstimulation (im Labor)

• • Fehlwahrnehmung

•  Illusion
•  Gestaltung des unvollkommen Wahrgenommenen

• • Fehlerinnerung

•  Erinnerung wird passend zum Glaubenssystem nachträglich ausgeschmückt

• • Irrtümer durch Motivation (Glauben heißt Sehen)

•  Suggestion

• • Bewusstseinsstörungen

•  Falsches Erwachen (hypnagoge Bilder in den Morgen-/Abendstunden)
•  Psychotische Zustände bei Schizophrenie oder Gehirnschaden (Halluzination)

3. Spuren-Theorien (trace-theories) – PSI ist involviert

• • Spuren des Ortes
• • Spuren der Körperzellen

4. Subjektivistische bzw. animistische Theorien – PSI oder Super-PSI ist involviert

5. Objektivistische bzw. spiritistische Theorien – Super-PSI reicht zur Erklärung nicht mehr aus

6. Regie-Theorie (objektiv existierender Geist gibt Impuls – Geisterbild wird subjektiv ediert)

7. Kosmisches Reservoir und Archive des Geistes (auf kosmischer Ebene gespeichertes Wissen)

8. Hollistische Geister-Theorie (Kombination verschiedener Aspekte der Theorien)

 

Das hierzulande bekannteste Beispiel für Betrug ist sicher der Fall Chopper. Chopper war ein Poltergeist, der von Mai 1981 bis März 1982 in einer Neutraublinger Zahnarztpraxis spukte und die 16-jährige Zahnarzthelferin bedrängte und belästigte. Unter anderem war seine Stimme aus dem Waschbecken zu hören. Er beschäftigte nicht nur eine Sonderkommission der Regensburger und Münchner Kriminalpolizei, sondern auch den Parapsychologen Hans Bender. Schließlich stellte sich heraus, dass der ganze Spuk von dem Zahnarzt, seiner Frau und der Zahnarzthelferin selbst inszeniert worden war.

Geisterfotos zu fälschen, was durchaus auch als Betrug gezählt werden kann, ist durch Photoshop und ähnliche Programme und auch diverse Geister-Apps heute kein Problem mehr.

Auch für Täuschungen lassen sich viele Beispiele finden. Immer wieder wird davon berichtet, dass Menschen unter dem Einfluss magnetischer Felder und Infraschallwellen verschiedene Symptome zeigen können, wie z.B. Unbehagen, Gefühle des beobachtet Werdens, Angstzustände, etc. Unter Umständen und je nach Weltanschauung können diese Symptome als Geistererscheinung gedeutet werden, was als Falschinterpretation von äußerer Stimulation gesehen wird.

Ergänzend kann man hier noch andere äußere Situationen einfügen, wie schädliche Dämpfe (z.B. durch Farben, Lacke, Gas) und (unerkannter) Schimmelbefall von Wohnungen/Häusern.

Fehlwahrnehmung kommt häufiger vor, als man allgemein annimmt. Illusionen sind Sinnestäuschungen, die eine verfälschte wirkliche Wahrnehmung darstellen. Z.B. könnte eine zweidimensionale Abbildung eines Gegenstandes mit dem dreidimensionalen Gegenstand selbst verwechselt werden (Spiegelbild), oder ein Baumstumpf als sich hinkauernde Gestalt verkannt werden, was dann bereits auch in Richtung Gestaltung des unvollkommen Wahrgenommenen geht. Pareidolie, die Tendenz des menschlichen Gehirns, auch in zufälligen Strukturen (bekannte) Muster zu entdecken, ist nicht nur ein visuelles, sonder auch ein akustisches Phänomen, was z.B. bei Tonbandstimmen zu bedenken ist. Hierzu kann man aber auch die Falschinterpretation von Geräuschen zählen, wie z.B. durch Tiere verursachte Geräusche in Wänden oder auf Dachböden, Klopfen und Gluckern in Heizungsrohren, an der Hauswand reibende Äste, etc.

 

Auch unsere Erinnerungen sind nicht in Stein gemeißelt und können uns täuschen. In Studien und Versuchen wurde festgestellt, dass der Mensch z.B. seine Erinnerungen an ein bestimmtes Ereignis anpasst, nachdem er dessen Ausgang erfahren hat, dass Erinnerungen durch Suggestion ins Gedächtnis eingepflanzt werden können, obwohl das entsprechende Ereignis nie stattgefunden hat (Bugs Bunny in Disneyland, false memory syndrome) und das der Gefühlston (als positiv/negativ wahrgenommen) von tatsächlichen Erinnerungen sich unter Umständen ändern und verzerren kann.

 

Beispiele für Irrtümer durch Motivation hat die Autorin bereits selbst kennengelernt. So kommt es in der Esoterik-Szene bei Geister-Gläubigen durch aus häufig vor, dass Personen z.B. Lichtpunkte in Bildern (sogenannte Orbs) als Wesenheiten oder Seelen Verstorbener wahrnehmen. Auf den Hinweis, dass es sich ebenso um Staub, Wassertropfen, Pollen, etc. handeln kann, oder bei Lichtblitzen um Reflektionen, kommt die Antwort, der Skeptiker könne eben die Geister nicht sehen/erkennen, weil ihm der Glaube dazu fehlt. Die Suggestion, dass es sich hierbei und bei weiteren Sichtungen/Wahrnehmungen um Geister handeln muss, erfolgt durch umfangreiche, unkritische esoterische Literatur.

 

Auch Bewusstseinsstörungen in Form von Hypnagogie hat die Autorin bereits selbst erlebt, siehe der Artikel Schlafparalyse auf dieser Website.

 

Halluzinationen sind Wahrnehmungserlebnisse, die wie Sinneseindrücke erlebt werden, obwohl es keine entsprechende Reizquelle gibt. Bei Schizophrenie z.B. ist eines der Symptome das Hören von Stimmen. Gerade wenn die Krankheit nicht behandelt ist und nicht als solche wahrgenommen wird, können die Symptome als paranormale Phänomene gedeutet werden.

 

Zu den Spuren-Theorien zählt z.B. auch die Stone Tape Theorie, die besagt, dass u.U. die Emotionen eines Menschen in traumatischen oder euphorischen Situationen genug Energie entwickeln können, um sich irgendwie in die physische Umgebung einzuprägen. Später können sie dann z.B. von medial begabten oder auch zufälligen Zeugen abgerufen werden, was unbewusst geschieht, die dann die entsprechende Situation wie einen Film ablaufen sehen.

 

Die subjektivistische bzw. animistische Theorie geht davon aus, dass eine Geistererscheinung durch lebende Personen zustande kommt, die auf mehr oder weniger komplizierte Weise das Geisterbild entwerfen oder projizieren. Die Art der Entstehung des Geisterbildes ist hierbei als paranormal zu betrachten, es wird vermutet, dass sogenannte PSI-Kräfte (Telepathie, RSPK) involviert sind.

Diese Theorie beinhaltet auch die Erklärung von Poltergeistphänomenen, die z.B. durch Stress und Konflikte ausgelöst werden können.

 

Die objektivistische bzw. spiritistische Theorie geht davon aus, dass es sich bei Geistererscheinungen um tatsächliche „Geister“, also unabhängige Wesenheiten handelt, Seelen Verstorbener, die nicht bereit sind, loszulassen. Sie weilen immer noch im Reich der Lebenden und machen sich hin und wieder spukhaft bemerkbar.

 

Als Beispiele für Phänomene, die durch diese Theorien (animistische und spiritistische) erklärt werden sollen, können z.B. automatisches Schreiben und automatisches Malen genannt werden. Die animistische Theorie geht noch davon aus, dass die geteilten Informationen zwischen zwei lebenden interagierenden Menschen durch ASW (außersinnliche Wahrnehmung) vermittelt werden. Wenn diese Erklärung nicht ausreicht, spricht man von Super-ASW oder Super-PSI. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Tote zu Lebzeiten die betreffenden Informationen einem Dritten mitgeteilt hat und der Empfänger nun die Information telepathisch von diesem Dritten bezieht.

Wird die Kapazität von ASW oder Super-ASW überzogen und reicht diese als Erklärung nicht mehr aus, weil keine lebende Person über die betreffende Information verfügte, liegt es nahe, auf die spiritistische Theorie zuzugreifen.

 

Bei der Regie-Theorie wird davon ausgegangen, dass Geister als unabhängige Wesenheiten zwar existieren, jedoch nur unbewusste Eindrücke, Impulse vermitteln. Das konkrete ausgeformte Bild wird dann vom eigenen Geist der betroffenen lebenden Person – als innerer Regisseur – selbst entworfen.

 

Die Theorie des kosmischen Reservoirs und den Archiven des Geistes spricht von einer Art Weltgedächtnis, welches alles Geschehen im menschlichen Leben speichert und zu dem z.B. medial begabte Personen Zugriff haben. Aber auch alle Anderen, denen es gelingt, eine höhere Stufe des einfachen Bewusstseins zu erreichen, das kosmische Bewusstsein, können daran teilhaben. Im Prinzip soll es für Alle erreichbar sein, die sich der geistigen Welt öffnen und in den Zustand des sogenannten Flutlichtstadiums kommen. In diesem kosmischen Bewusstsein soll man angeblich Teil am Ganzen haben – an Vergangenheit und Zukunft, nah und fern, Alles in Einem. Hier sind auch verstorbene Menschen und andere Lebewesen gegenwärtig, die sonst unerreichbar, vergangen und verloren sind und als nicht mehr existent angesehen werden.

Die Archive des Geistes, auf die eben medial Begabte Zugriff haben sollen, werden als Grund vieler Spukvorgänge angesehen.

 

Möglicherweise sind all die Varianten von Geistern am besten zu erklären, wenn nicht eine einzelne Theorie bevorzugt wird. Eine Kombination der verschiedenen Theorien könnte als Erklärung im jeweiligen Fall eher zum Erfolg führen.

 

©Angelika Köllner

Quellen:
Annekatrin Puhle, Das Lexikon der Geister, München 2004, ISBN 3-86533-011-8

Werner F. Bonin, Lexikon der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete, Bern und München, Sonderausgabe 1988, ISBN 3-572-04271-2

Walter von Lucadou, Dimension PSI – Fakten zur Parapsychologie, 2003, ISBN 3-471-78571-X

Theresa Cheung, The Element Encyclopedia of Ghosts and Hauntings, 2006, ISBN 978-0-00-729906-5

Paul Rohland, Geister, deutsche Erstausgabe 2008, ISBN 978-3-86070-025-1

Phänomene – die Welt des Unerklärlichen, Ausgabe 1994, ISBN 3-86070-025-1

Unerklärliche Phänomene, Ausgabe 1995, ISBN 9-86070-763-X

Wikipedia