Ortsgebundener Spuk und die Stone Tape Theory II

Der Prozess zur Herstellung therapeutischer Mittel dürfte hinreichend bekannt sein. Ganz vereinfacht gesagt, ein Mittel, das therapeutisch eingesetzt werden soll, wird solange in Wasser verdünnt, bis dieses Mittel im Wasser praktisch nicht mehr nachweisbar ist. Außerdem ist es wichtig, das Wasser in jedem Stadium der Verdünnung stark zu schütteln, um ein wirksames Mittel herzustellen. Dabei soll es angeblich zu einer elektromagnetischen Aufladung des Wassers kommen und einigen Forschern zufolge soll es diese elektromagnetische Aufladung sein, die es ermöglicht, dass Erinnerungen ins Wasser eingepflanzt werden.

Manch Einer fragt sich, ob eine Person oder ein Ereignis genügend Energie generieren kann, um so wie das Schütteln, einen Abdruck der Erinnerung in den Wassermolekülen umliegender Bauten zu hinterlassen, der später durch einen empfänglichen Zeugen abgerufen wird.

Oder geht die Speicherung und spätere Widergabe in diesem Fall vielleicht viel einfacher vonstatten? Man stelle sich vor, wie eine lange verstorbene Person atmete, vielleicht sogar den letzten Atemzug. Dieser Vorgang entlädt eine große Menge Wasserdampf in der ausgeatmeten Luft. Dieser Wasserdampf enthält alle geprägten Erinnerungen dieser Person. Die Wasserdampftropfen treiben umher und manche werden sich letztendlich mit dem Wasser verbinden, welches schon im Material des Ortes vorhanden ist. Wenn sie sich verbinden, wird die Erinnerung geteilt und so im Gebäude oder der Landschaft verankert. Jahre später atmet ein Zeuge vielleicht einfach einige der geprägten Wassermoleküle ein, die in der Luft verdampfen. Das geprägte Wasser, eingeatmet durch die Lunge, würde ihre aufbewahrten Erinnerung an das Wasser im Blutstrom weitergeben und dieses zum Gehirn des Zeugen transportieren, wo es ein Playback des ursprünglichen Ereignisses auslöst, wie eine lebendige Erinnerung, die dem Wahrnehmenden mehr oder weniger real vorkommt.

Geister und Erscheinungen scheinen mit der Zeit zu vergehen um immer schwächer zu werden, bis sie nicht mehr wahrnehmbar sind. Betrachtet man dies im Zusammenhang mit Wasser, könnte man zu der Überlegung kommen, dass dieses mit der Zeit verdunstet, und so wie die ursprünglichen Moleküle verdunsten und sich verteilen, werden auch die ursprünglichen Erinnerungen und Emotionen immer schwächer. Zwar geben diese Moleküle ihre eingeprägte Erinnerung an die nächsten Moleküle weiter, doch jede 'Kopie', wird immer undeutlicher, vergleichbar mit den Kopien von Videobändern.

Auch könnte das vorhandene Wasser komplett verdunsten und somit würden auch die geprägten Erinnerungen vollständig verschwinden.

Oft wird berichtet, dass Geister sich bemerkbar machen, wenn sie 'gestört' werden, z.B. durch eine Renovierung oder eine Zerstörung.

Auch hier könnte Wasser eine Erklärung geben.
Das Wasser mit den gespeicherten Erinnerungen könnte tief in den Bauwerken und ihren Strukturen eingeschlossen sein, so dass es nicht völlig verdunstet. Durch eine Renovierung oder einen Umbau könnten diese Wassermoleküle wieder freigesetzt und die eingeprägten Erinnerungen wiedergegeben werden. Dieses Wasser hätte noch eine qualitativ höherwertige Kopie dieser Erinnerungen und so würde 'der Geist' recht heftig wahrgenommen werden, bis auch diese Wassermoleküle wieder verdunstet sind.

Oberflächlich betrachtet wäre Wasser als Erklärung zur Stone Tape Theory ziemlich plausibel.

Näher betrachtet ist sie jedoch ebenso wenig beweisbar und einleuchtend, wie die der Kristalle oder Rost.
Wasser allein könnte nicht für die Erzeugung von Geistererscheinungen verantwortlich sein, denn sonst würden die Menschen von unheimlichen Erscheinungen überschwemmt werden, im wahrsten Sinne des Wortes.
Obwohl es dazu Forschungen und Versuche gab, konnte die Fähigkeit von Wasser zur Speicherung von Erinnerungen bis heute nicht nachgewiesen, bzw. bestätigt werden.

Außerdem ist das Prinzip der menschlichen Energie in diesem Zusammenhang nicht genau verifizierbar. Da hiermit nicht die physikalische, messbare Energie gemeint ist, sondern eine eher diffus beschriebene geistige oder emotionale Energie, kann damit keine genaue Aussage getroffen werden, die für eine wissenschaftliche Prüfung jedoch vonnöten wäre. Dies ist das Problem aller Erklärungsversuche zur Stone Tape Theory.

Nun ist diese 'Theorie' aber keine Theorie im wissenschaftlichen Sinne, sondern eher eine Spekulation, die auf zufälliger Beobachtung basiert.

Vielleicht ist die Lösung nicht, die Stone Tape Theorie zu begründen, um den ortsgebundenen Spuk zu erklären. Vielleicht sollte man sich eher fragen, ob die Voraussetzungen überhaupt zutreffen.

Zuerst einmal wäre die Frage, wenn es sich um die Aufnahme eines bestimmten Moments handelt, warum ist dann nur die Person als Erscheinung zu sehen?
Bei einer Video-Aufnahme wäre die ganze Szenerie zu sehen, bei einer Audio-Aufnahme die Umgebungsgeräusche zu hören. Erinnert sich ein Mensch bei einem dramatischen Ereignis nicht eher an das, was geschehen ist? Wäre dann die gedanklich eingebrannte Erinnerung nicht eher das, was die Person sah und hörte?

Wieso beschränkt sich der Spuk als Aufnahme, bzw. Wiedergabe auf die Erscheinung der Person?

Der spätere Zeuge, der die Aufnahme 'abspielt', müsste er nicht eher die Erinnerungen durchleben, als nur den Produzenten der gespeicherten Erinnerungen zu sehen?

Metaphorisch gesprochen wäre es doch sonst so, als würde ein Regisseur einen Film drehen und als Ergebnis sieht das Publikum die Handlungen des Regisseurs während der Dreharbeiten, statt des vollendeten Films.

Eine weitere Frage ist, war es tatsächlich immer genau dasselbe Phänomen, das einem Ort den Ruf eingebracht hat, bespukt zu werden?

War es überhaupt das richtige Phänomen, der richtige Geist, der für den Ruf eines Spukortes verantwortlich ist? Wieviele Burgen und Schlösser gibt es z.B. in Deutschland, in denen eine weiße Frau spuken soll, die oft sogar auf eine historisch nachweisbare Person zurückzuführen sein soll?

Es wäre interessant zu erfahren, wie die erste Sichtung dokumentiert ist. Ob der erste Zeuge die Erscheinung auch wirklich zweifelsfrei als den Geist einer bestimmten Person identifiziert hat, oder ob eine diffuse, vage Erscheinung gesehen wurde, jemand etwas Unklares wahrgenommen hat und dies einfach als Geist interpretiert wurde. Vielleicht sogar von einer anderen Person gedeutet, nur aufgrund eines Berichts.
Und wie ging es dann mit den nächsten Sichtungen weiter? Hat die nächste Person genau dasselbe an genau derselben Stelle gesehen?
War dem nicht so, kann es keine gespeicherte Aufnahme gewesen sein, da diese sich nicht ändern könnte. Zwar muss berücksichtigt werden, dass Einzelheiten der Erscheinung anders wahrgenommen werden können, unterschiedliche Interpretationen von verschiedenen Individuen, z.B. durch Unterschiede in den Gehirnen, oder auch nur den Persönlichkeiten der Zeugen.
Dennoch - je mehr Unterschiede zwischen den Sichtungen einer Erscheinung existieren, desto weniger kann es sich um ein und dasselbe Phänomen handeln und schon gar nicht um die Wiedergabe eines gespeicherten Ereignisses.

Wenn wir als Ghosthunter einen Fall untersuchen, in dem es um ortsgebundenen Spuk geht, sollten wir mit höchster Akribie vorgehen.

Gerade bei einem klassischen Spukfall, wie z.B. einer weißen Frau, sollten wir genauestens recherchieren, ob alle Zeugen immer genau dasselbe gesehen haben. Wir sollten genau nachfragen, wie die Legende zustande kam.

Hat tatsächlich jemand eine Erscheinung gesehen, die ohne Zweifel als die richtige Person, also z.B. als Gräfin…, Herzogin…, etc. identifiziert wurde, vielleicht aufgrund eines Gemäldes, oder einer Zeichnung?

Wenn nicht, müsste in diesem Fall die Erklärung des ortsgebundenen Spuks bzw. auf jeden Fall die Erklärung durch die Stone Tape Theory verworfen werden und nach anderen Ursachen/Erklärungen gesucht werden.

Ebenso ist es unumgänglich, bei Paranormalen Untersuchungen  als Ghosthunter bei einer Begegnung/Sichtung, ganz genau die Umstände und das Erlebnis möglichst detailliert zu notieren, genauso bei Klientengesprächen die Sichtungen der Betroffenen.

Nur so kann vermieden werden, vorschnell eine Erklärung zu akzeptieren, die gerade zur Hand ist, z.B. aufgrund von 'Ähnlichkeiten'.

Alles in Allem sollte vielleicht die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die Stone Tape Theory als Erklärung für ortsgebundenen Spuk nicht geeignet ist. Und dass ortsgebundener Spuk vielleicht viel seltener vorkommt, als man denkt.

©Angelika Köllner

Quellen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Stone_Tape

http://www.assap.ac.uk/newsite/articles/Recording%20ghosts.html

http://www.parascience.org.uk/articles/musings.htm

http://psiresearcher.wordpress.com/2012/03/19/the-stone-tape-theory-echoes-in-time/

http://prairiespecters.blogspot.de/2012/06/paranormal-with-malcolm-robinson-ghosts.html